Veröffentlichen von Abschlussarbeiten

Veröffentlicht: Februar 16, 2011 in Abschlussarbeiten
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Im Zeitalter von User Generated Content, Open Access und Open Educational Resources stellt sich die Frage, ob Studierende Ihre Arbeiten im Internet veröffentlichen sollten, und vor allem unter welchen Bedingungen sie es tun sollen/können. Dieser Frage bin ich explorativ im Seminar „Web 2.0 und die Gesellschaft“ nachgegangen.

Im Seminar haben Studierendengruppen Ihre Abschlussarbeiten zu ausgewählten Themen in Form von Fallbeispielen verfasst. Im Anschluss habe ich allen Gruppen vorgeschlagen, ihre Abschlussarbeiten auf einer beliebigen Stelle im Internet zu veröffentlichen. Zur Auswahl standen die eigenen Blogs, eigene Accounts in SlideShare oder Scribd, oder aber die Studierenden konnten die Abschlussarbeiten an mich senden, so dass ich diese in den Seminar-Blog oder SlideShare hochladen würde. Jeder Gruppe sollte sich für eine Lizenz, d.h. entweder „alle Rechte vorbehalten“ oder einer der Creative Commons Lizenzen aussuchen.
Nur vier aus 14 Gruppen haben den Wünsch geäußert, ihre Abschlussarbeite zu veröffentlichen. Eine Gruppe hat die Abschlussarbeit selbst im eigenen Blog veröffentlicht. Drei weitere Gruppen haben ihre Arbeiten an mich gesendet mit der Zustimmung, dass ich diese ins Internet stellen kann.

Dass sich nur wenige Gruppen für das Veröffentlichen entschieden haben hat mich überrascht und ich habe nach Gründen gesucht. In einer kurzen Umfrage habe ich danach gefragt, ob Studierende ihre Abschlussarbeiten aus dem Seminar veröffentlichen würden und warum sie das tun oder nicht tun würden. Die Begründungen für das Nicht-Veröffentlichen habe ich zu den folgenden vier Kategorien zusammengefasst:

Grund 1: „Meine Arbeit teile ich nicht“
Beispiele:
• „Meine Ausarbeitung wird für eine andere Abschlussarbeit genutzt.“
• „Eigene Arbeit, viel Aufwand“
• „Wissensraub“
• „Andere kopieren meine Arbeit und verwenden sie selbst“

Grund 2: „Meine Arbeit ist nicht relevant/gut genug für die Öffentlichkeit“
Beispiele:
• „Geringe Relevanz der Arbeit“
• „Relevanz für Öffentlichkeit nicht gegeben“
• „Arbeit nicht relevant genug“
• „Die Abschlussarbeit hat nicht die Qualität um sie zu veröffentlichen“

Grund 3: „Ich möchte nicht in die Öffentlichkeit treten“
Beispiele:
• „Ich finde es nicht gut wenn mein Name überall im Internet auftaucht“
• „Ich möchte nicht das mein Name im Internet auftaucht“

Grund 4: „Ich bin unsicher, wie Datenschutz und Urheberrecht im Web zu handhaben sind“
Beispiele:
• „Keine Kontrolle über meine Daten“
• „Sicherheit meiner Daten“
• „Mehr Zeit für Lizenzauswahl benötigt“
• „Copyright auf verwendete Bilder“
• „Nicht ausreichende Anonymisierung des Unternehmens.“

Warum haben einige Gruppen die Entscheidung getroffen, ihre Arbeiten im Internet zu veröffentlichen? Die genannten Gründe für das Veröffentlichen waren:
• „Eigenen Bekanntheitsgrad steigern“
• „Dass die Öffentlichkeit erfährt, welche Ergebnisse in der Vorlesung entstanden sind.“
• „Es gehört zum Konzept des Seminars“
• „Verknüpfung von der Arbeit mit meinem Namen“
• „Anderen die Informationen zur Verfügung stellen“
• „Feedback von anderen für die Arbeit erhalten“

Welches Fazit ziehe ich daraus? Zum einem, respektiere ich die Entscheidungsfreiheit jeder Person und deswegen werde ich auch im nächsten Semester das Veröffentlichen als eine freiwillige Option anbieten. Meines Erachtens soll die Entscheidung, nicht in die Öffentlichkeit treten zu wollen oder die eigene Arbeit nicht mit anderen teilen zu wollen (so sehr es mir wichtig ist, den Gemeinschaftsgedanken im Web 2.0 zu vermitteln), jedem Einzelnen überlassen werden. Zum anderen, werde ich aber die Option des Veröffentlichens viel früher ansprechen und mehr Zeit für die Auseinandersetzung mit den relevanten Aspekten einplanen, z.B. Datenschutz, Urheberrecht im Bezug das Veröffentlichen von eigenen Arbeiten noch intensiver besprechen.

Es gibt einige frappierende Aspekte. Zum Beispiel die Aussage: „Die Abschlussarbeit hat nicht die Qualität um sie zu veröffentlichen“. Bedeutet diese Aussage, dass Studierenden andere Maßstäbe nutzen, wenn sie die Arbeit an eine/-n Dozenten/Dozentin (also in einem geschlossenen Raum als eine Art „Trockenübung“) abgeben als wenn sie diese der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen würden? Wären die Abschlussarbeiten qualitativ besser gewesen, wenn es vorab bekannt wäre, dass die Abschlussarbeiten veröffentlicht werden sollten?

Was sind Ihre Erfahrungen zum Veröffentlichen von Abschlussarbeiten im Internet im Rahmen von Lehrveranstaltungen an Hochschulen? Danke für die Kommentare!

Kommentare
  1. Ich denke nicht, dass die Abschlußarbeiten qualitativ besser wären, wenn vorab die Veröffentlichungsabsicht bekannt wäre. Aus persönlicher Erfahrung würde ich eher sagen, dass es einige Überwindung kostet, den geschützten Raum der Lehrveranstaltung zu verlassen. Ich selbst habe lange gezaudert und gezögert, meine eigene Abschlußarbeit aus einer Weiterbildung zu veröffentlichen.

    Angeregt durch Ihr Post habe ich mich jetzt entschieden. Ich veröffentliche meine Arbeit auf meinem Blog und nutze die Gelegenheit, mir öffentlich Gedanken über das teilen im Web 2.0 zu machen. Danke für den Anstoß!

  2. Vielen Dank für den Kommentar. Ich freue mich sehr, dass dieser Beitrag ein Anstroß für Sie war. Was kann sich sonst noch ein Blogger wünschen? 😉
    Sie schreiben „Aus persönlicher Erfahrung würde ich eher sagen, dass es einige Überwindung kostet, den geschützten Raum der Lehrveranstaltung zu verlassen.“ Gerade diesen Aspekt finde ich spannend: die Perzeption der Lehrveranstaltung als einen geschlossenen, geschützen Raum. Können Lehrveranstaltungen durchlässiger werden? Was verlieren und was gewinnn wir dadurch?

  3. Gerade bei Martin Lindner gefunden:

    Alle Lernorte, die als “ummauerte Parks” organisiert sind, werden absterben und verdrängt durch offene Weblern-Netzwerke ohne finanzielle und formale Zugangsschwellen. http://wwweblernen.de/?page_id=1

    Sollte er Recht haben, bleibt uns in der Position der Lernenden wohl nichts anderes übrig, als die kuscheligen, geschützten Räume freiwillig zu verlassen.

    Was aber heißt es dann für die Lehrenden bzw. „Wissensdienstleister“, zu denen ich mich zähle? Werden wir ähnlich den Verlegern unsere „ummauerten Parks“ mit Zähnen und Klauen verteidigen, um letztlich doch zu verlieren? Allemal ein spannendes Thema.

  4. […] This post was mentioned on Twitter by Ilona Buchem, Ilona Buchem. Ilona Buchem said: Frisch gebloggt: Veröffentlichen oder Nicht-Veröffentlichen von Abschlussarbeiten im Internet? http://ht.ly/3XlbE […]

  5. Maria sagt:

    Vielen Dank für diesen spannenden Beitrag!

    Ich überlege auch meine Abschlussarbeit auf meinen Blog zu stellen und würde diese gerne unter einer CC Lizenz veröffentlichen. Reicht es auf die Seite zu schreiben: „Ich veröffentliche meine Abschlussarbeit unter der Creatice Commons Lizenz (http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/legalcode)“?

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